das Leben oder so

17
Sep
2009

Mohn im September

Heute habe ich in meinem kleinen schattigen Garten einen Mohn entdeckt, der völlig neben der Zeit blüht. Normalerweise sieht man diese wunderschönen leuchtenden Blüten im Mai. Diese Pflanze aber habe ich dann gekauft und eingesetzt und offensichtlich hat sie den ganzen Sommer gebraucht um anzuwachsen und sich von der Aktion zu erholen.

Mohn-im-September

Mohn-im-Septembrer

6
Aug
2009

Das Leben ist eine Melone

An einem Flüsschen stehend, Melone essend, fallen mir die unzähligen Gelgenheiten in meinem Leben ein, bei denen ich Wassermelone gegessen habe. Am deutlichsten erinnere ich mich an Urlaube in Kroatien, dass damals noch Jugoslawien hiess, an Strände mit Felsen und brennend heisser Sonne. Ich selbst sitze splitterfaser nackt, meine Eltern waren Nudismus begeistert, auf einem warmen Felsen am Meer und spucke Wassermelonenkerne in Felsspalten.
Wie viele Wassermelonen habe ich wohl in meinem Leben schon gegessen? Wäre der Haufen sehr gross? Unmöglich zu sagen.
Und wie es Assoziationsketten beliebt, springen meine Gedanken von schönen Sommerferientagen am Meer zur Ueberlegung wie viel wohl noch von diesen ganzen Wassermelonen, die ich gegessen habe, in mir ist. Alles, was ich esse wird auf irgendeine Weise in meinen Körper eingebaut. Der grösste Teil wird natürlich wieder ausgeschieden, aber auf irgendeine abstruse Weise könnte man sagen, dass ich all die Wassermelonen, die ich gegessen habe auch bin (natürlich auch alle Steaks und alle Radieschen...). Das stimmt aber nur bedingt, kommt mir in den Sinn, da ja alle Zellen eine bestimmte Lebensdauer haben und nach dieser ihren apoptotischen Tod sterben (Apoptose = programmierter Zelltod). Ein rotes Blutkörperchen zum Beispiel entsteht in rund 7 Tagen und lebt ca. 4 Monate. So geht es allen Zellen unsres Körpers. Allen Zellen? Nein, es gibt da eine kleine Gruppe Zellen, die nie ersetzt wird zu denen auch die Basalzellen der Haut gehören. Sie sind die unterste Schicht der Haut und produzieren neue Zellen, die langsam nach oben wandern. Am äussersten Rand sterben die Zellen und fallen als Hautschuppen ab. Das heisst nichts anderes als dass deine Basalzellen so alt sind wie du. Aber natürlich auch nicht alle, denn als Baby hat man sicher weniger von ihnen als als Erwachsener.
Langer Rede kurzer Sinn: es kann also gut sein, dass in meiner Wachstumsphase aus irgendeinem Melonenatom irgendeine Basalzelle meiner Haut gebildet wurde und somit ist ein winziges bischen der Sommer-Wassermelonen aus Kroation noch in meinem Körper enthalten. Vielleicht und ziemlich abstrus. Was man nicht alles so denkt im Moment eines Wimpernschlags und wenn einem die Sonne etwas zu lange auf den Kopf geschienen hat (oder wie die Schweizer sagen würden: gschune hät)!

4
Jul
2009

In Interlaken brummet der Bär

Heute war Interlaken das Zentrum der Schweiz. Zumindest veranstaltungsmässig muss es heute rein von der Anzahl der "Hundsverlocheten" (das lässt sich jetzt kaum sauber übersetzten. In etwa: Hunds-Beerdigungen = mundartlich für Dorf-, Wald- und Wiesenfeste) ganz vorne gelegen haben.
Hier ein paar Impressionen vom Harley-Davidson-Treffen auf der Höhenmatte gerade vor der Tür des 5-Sterne Hotels "Victoria Jungfrau Grand Hotels":
Harleys

Drachenkopf
Ein Drachenkopf aus lauter Motoradteilen. Er hatte noch mehr sehr an Giger erinnernde Teile.

Harleyfahrer und Schottenrock
Harte Jungs in Schottenröcken (hatten die was drunter?)

Harleyfahrer mit Loewen-Helm
Gefährliches Paar im Löwenoutfit

Harleyfahrer in Reih und Glied
Alle hatten sich aufgereiht zur grossen Runde. Den Schildern nach muss sie bis nach Leissigen gegangen sein und von dort wieder zurück nach Interlaken. Ein Geknatter und Geheule!

Arley Davidson
Arley Davidson??? Was war denn das?

Ja, und dann gings gleich weiter an den Brienzer See. Dort fand heute das Treffen der Wasserflugzeuge statt. Normalerweise darf man auf den Schweizer Seen nicht landen, aber heute war es anlässlich dieses Treffens erlaubt.

Wasserflugzeug auf dem Brienzersee

Wasserung auf dem Brienzersee
Wasserung auf dem Brienzer See. Ein seltener Anblick!

16
Jun
2009

Ein Hoch aufs Fenster putzen!

Seit bald 6 Wochen führe ich mir Antibiotika zu Gemüte. Grund ist eine Nagelbett-Vereiterung vor ca. 5 Monaten, die sich nicht bessern will und mittlerweile auf dem Knochen angelangt ist. Antibiotika machen bei mir keine sogenannten "gastro-intestinalen" (also Magen-Darm) Nebenwirkungen, sondern sie machen mich müde. Seit mein geschätzter Arzt aus lauter Verzweiflung die Dosis auf 2g/Tag erhöht hat, spüre ich am Vormittag eine bleierne Schwere im Körper und Gehirn. Ich sehe alle möglichen Dinge, die getan werden sollten, aber meine Arme und Beine können sich einfach nicht aufraffen ihren Dienst zu versehen. Mein Kopf ist wattig, mir fehlt jeder Antrieb.
Als ich heute also so da sass und versuchte mich zu motivieren, kam mir plötzlich eine geistige Notiz vors innere Auge. Da stand:"Wenn du mal nicht weisst, was du tun kannst, zu putzen gibts immer...." Ich weiss: saublöd.....aber wahr!
Also schleppte ich meinen drogenbenebeltes Selbst zur Putzkammer und kramte Eimer und Lumpen heraus und sah mich nach einem geigneten Objekt um. Da fielen mir die Fenster ins Auge, auf denen sich der Blütenstaub in einem dünnen Film einer dicker Schicht niedergelegt hatte.
Also: Fenster auf, groben Dreck mal abspülen, nachputzen, etc... Beim zweiten Fenster fingen die kleinen Rädchen in meinem Kopf an wieder zu drehen. Beim dritten Fenster nahm ich die frische Luft von draussen wahr, beim vierten Fenster hatte ich wieder Lust zu malen und beim fünften Fenster hatte ich den Nachmittag verplant.... Ich scheine über Bewegung zu funktionieren. Das ist keine neue Erkenntnis für mich, aber ich vergesse es immer wieder.
Ein Hoch also auf das Fenster putzen!

Heute abend habe ich dann noch mal den Beipackzettel aus der Packung genommen, um mich zu vergewissern, dass Müdigkeit auch als Nebenwirkung aufgeführt ist. Tja, und was soll ich sagen? Da steht ja viel, auf diesem Zettel, aber was nicht draufsteht ist...Müdigkeit....Jetzt fängt die Sache an kompliziert zu werden, aber dennoch: Fenster putzen, es lebe hoch!

3
Jun
2009

Unerträgliche Schmerzen

In meinem Zeichenkurs ist eine Frau, die seit ich sie zu Beginn des Semesters kennengelernt habe, ihren linken Arm in der Schlinge trägt. Da sie offensichtlich Rechtshänderin ist, kann sie mit der gesunden Hand malen. Nur beim hin- und herräumen der Malutensilien braucht sie etwas Hilfe.
Gestern kam ich neben ihr zu sitzen und erfuhr von ihrer Leidensgeschichte. Der Arm ist vor 6 Jahren nach einer Operation plötzlich angeschwollen und schnerzhaft geworden. Später dann hat er seine Bewegungsfähigkeit verloren, die übermässige Sensibilität und die Schmerzen beim passiven bewegen aber behalten. Seit dem trägt sie ihn in der Schlinge und frisst unzählige Medis, darunter auch 3mg Morphium.... Erst nach einigen Umwegen kam man zur Diagnose "Morbus Sudeck" und die ganze Entstehungsgeschichte ist typisch für diese Erkrankung, über deren Ursache man zwar diverse Theorien hat, aber die man noch nicht wirklich erklären kann.
Am meisten schockiert hat mich an dieser ganzen Geschichte, dass man meiner Mitmalerin die 6 Jahre inensiven Dauerschmerz im Gespräch deutlich anmerkt. Nur ganz an der Oberfläche (wenn man nicht mit ihr redet) scheint sie ruhig zu sein, aber sobald sie spricht, merkt man dass Tränen und Verzweiflung zu vorderst stehen.
"Normalerweise" lässt sich M. Sudeck mehr oder weniger heilen, sprich: stoppen. In ihrem Fall allerdings nicht. Im Gegenteil. Es ist sogar so, dass die Krankheit gemäss ihres Arztes sogar auf das Bein der gleiche Körperseite übergreifen wird. Was wird das für ein Leben sein? Eine Körperseite schmerzhaft und bewegungsunfähig, abhängig von Hilfestellungen für die einfachsten Handlungen... Ich glaube, ich würde anfangen über unterstützten Suizid nachzudenken. Aber vielleicht tut sie das ja. Bis auf weiteres mal sie gegen die Sinnlosigkeit an.


Infoseite Morbus Sudeck

27
Mai
2009

Sensationslust

"Ich freu mich schon auf die Ueberschwemmung!" höre ich einen etwa 10jährigen Jungen sagen. Er spielt damit auf die mögliche Entleerung des Gletschersees des unteren Grindelwaldgletschers an. Seit 2005 ist dort durch Klimaerwärmung und Gletscherabschmelzung ein neuer See entstanden, dessen Pegel täglich durch das Schmelzwasser steigt.
Gletschersee Grindelwald
Im Moment hält der Riegel aus sogenanntem Toteis das Wasser noch auf, aber die Kante ist bald erreicht. Wenn das Wasser weitersteigt, dann bricht entweder der Damm oder das Wasser läuft über oder eine Kombination aus beidem. In jedem Fall würden sich die etwas 3 Mio. m3 in die Lütschine und schliesslich in den Brienzersee ergiessen. Geschieht das schnell und nicht peu-a-peu, dann kommt es im Gebiet Interlaken, das ganz im Talboden liegt, zu Ueberschwemmungen.... und genau das wars, was der Junge sich schon in seinen Träumen ausmalte.
Zugegeben: auch für uns Erwachsene hat so eine "Naturkatasrophe" etwas faszinierendes, nur würden wirs nie so formulieren. Ich liebe starke Gewitter! Wenns so richtig wumst und kracht, dann stehe ich am Fenster und geniesse dieses Naturschauspiel..... aber eben nur so lange nicht mein Auto vom Hagel verunstaltet wird oder der Platzregen durch ein aus Versehen offen gelassenes Dachfenster den Parkett ruiniert.
Die Ueberschwemmung vor bald drei Jahren, die durch vier Tage permanenten Regen aus den Oberländer Bergrinnsalen reissende Flüsse machte und den Thunersee zum Meer werden liess, hat uns nie gekannte Sensationen beschert. Menschen wurden aus den Seitentälern mit dem Heli ausgeflogen, da Brücken zerstört und Eisenbahnlinien verwüstet waren. Die Autobahn Richtung Brienz stand Meter tief unter Wasser und es gab kaum einen, der nicht mal "ga luagä" (schauen) gegangen ist. Auf dem Golfplatz konnte man Böötchen fahren und im unterirdischen Parkhaus in Interlaken lösten Fische Parkscheine. Das war spannend und solange es einem nicht selber geschadet hat, war es auch ein wenig lustig. Sensationslust steckt wohl in jedem.
www.gletschersee.ch

16
Mai
2009

Kerzenparty die Zweite

Kerzenaltar

Mit der höflichen Ablehnung der Einladung zur Kerzenparty meiner Nachbarin ist dann doch nix geworden. Trick 17 war, dass mich der Nachbarssohn und Wüstenfüchschen fragten, ob ich den morgen zur Party käme. Was soll ich sagen: den Kinderaugen konnte ich nicht wiederstehen.....
Dafür aber der Bestellwut meiner Mit-Partybesucherinnen. 11 Besucherinnen, wenn man die zwei anwesenden Männer und die Urgrossmutter abzieht, fanden sich gesten abend im Nachbarhaus ein. Oben abgebildeter Kerzenaltar war in der Mitte des Wohnzimmers aufgebaut, die verkaufende Nachbarin davor und wir, die zukünftig Kerzensüchtigen, drum herum.
Es ist einfach über eine solche Veranstaltung zu polemisieren, da sie an Nonsens und überflüssigem Luxus kaum zu überbieten ist. Aber ich spare mir das und erzähle euch einfach, was ich gesehen habe. Wie zu erwarten war, setzte sich das Publikum aus Frauen aller Altersklassen zusammen, die andächtig den Erklärungen meiner Nachbarin über nicht-auslaufende, lang-brennende Kerzen lauschten. Nur die beiden Männer (ein Vater und sein halbwüchsiger Sohn) konnten sich mit Mühe und Not Kichern und schallendes Gelächter verkneifen. Ich fühlte mit ihnen, denn auch mir sagt der ganze Deko-Schnickschnack nicht viel. Mir gefallen schöne Dinge und ich habe auch gerne welche um mich, aber diese Art von geschichtslosem Deko-Kitsch verstehe ich schlichtweg nicht.
Kaum waren die Ausführungen über die verschiedenen Arten von Kerzen und ihren Haltern abgeschlossen, stürtzten sich die Damen auf die Bestellzettel und füllten sie mit allerlei Träumen in rosa und afrikabraun. Rund 1200,- CHF wurden von den 10 Frauen (mich schon ausgenommen) an diesem Abend für Kerzen ausgegeben! Das finde ich selbst für Schweizer Verhältnisse viel. Ich wusste nicht, dass diese Parties so ein Potenzial haben... (soll ich auch damit anfangen?!.....).
Interessant ist aber die Frage wie sich die Teilnehmerinnen gefühlt haben. Das Publikum setzte sich aus Freundinnen und Arbeitskolleginnen der Nachbarin zusammen. Die Arbeitskolleginnen verliessen relativ rasch nach dem Bestellen die Szene, die guten Freunde blieben länger. Meinem Empfinden nach waren die Mitarbeiterinnen nicht so entspannt, wie sie es gewesen wären, wenn meine Nachbarin sie zu einem Teamessen eingeladen hätte.
Und obwohl sie freiwillig da waren und bestellt haben wie die Wilden, hatte ich trotzdem das Gefühl, sie fühlten sich gedrängt fühlten, aber in typisch Schweizer Manier dies nicht äusserten.
Mich hat übrigens niemand mit Worten gedrängt, aber einen gewissen Gruppendruch konnte ich schon spüren.
Interessant wars allemal!

Mein Bild des gestrigen Tages:
Schild

Der Amtsschimmel wiehert! Der Laden hat eine zweistöckige Einstellhalle gebaut, darf aber nur einen Teil der Parkplätze von Amts wegen an seine Kunden vergeben. Der Rest muss mit Gittern abgesperrt ungenutzt bleiben. Das kanns wirklich nur in der Schweiz geben!

10
Mai
2009

Muttertag und wer schreit bekommt

Muttertagsstrauss

Zum Muttertag schenke ich mit selbst ein Blumenmeer! In Wirklichkeit kann man diese Blütenpracht an der Höhenmatte in Interlaken finden. Die Gärtnerei, die für die Rabatten und Kreiselbepflanzungen zuständig ist, kreiert zu jeder Jahreszeit farbenprächtige Blütenmeere.

Dass eine gewisse Wahrheit hinter dem Satz "wer schreit, bekommt" steckt, konnten wir gestern wieder mal feststellen. Da wir immer noch mit der Hinterhofbegrünung befasst sind, kam natürlich irgendwann der Moment, in dem wir Pflanzen kaufen mussten. Da wir keine Konifere- und Stachelbusch-Landschaft anpflanzen wollten, mussten wir wohl etwas tiefer in die Tasche greifen und uns der teureren, aber schöneren, Spezies der Palmen zu wenden. Fächerpalmen sind sehr hübsch, ziemlich in Mode und überstehen erstaunlicherweise auch die härtesten Winter, wenn man sie ein wenig schützt. Also machten wir uns auf so ein Pälmchen (Palme ist anders, wenn ich an Afrika oder Südfrankreich denke...) zu erstehen. In zwei Discountern hatte ich sie so um 250,- bis 300,- CHF gesehen, im Werkzeugladen mit angeschlossener Pflanzenabteilung (wer weiss wo?) allerdings wollte man das doppelte. Da Wüstenfuchsmann aber ein halber Araber ist und keine Gelegenheit zum Feilschen auslässt, fing er mit der schon einigermassen gestessten Verkäuferin Bazargespräch an. Und, langer Rede kurzer Sinn, es gelang ihm tatsächlich mit dem Chef des Landens einen Preis knapp unter 300,- auszuhandeln. Fazit: selbst in der Schweiz, dem Land der festgelegten Preise, sind die Preis doch nicht so fest und die Marge auf diesen Palmen muss riesig sein, wenn man sich so leicht um 200,- runterhandeln lässt.

Palme

Ja, und da ihr jetzt wisst, wieviel die Palme gekostet hat, könnt ihr euch ja lebhaft vorstellen, was das bischen Grün auf dem Bild gekostet hat...

23
Mrz
2009

Schmarotzer

Da sass sie selbstzufrieden und lächelnd in meiner Küche und strahlte mit einem "Hier-bin-ich!"-Glorienschein. Ihr kleiner Sohn verwüstete gerade genüsslich den Schokoladen-Geburtstagskuchen, ihre bessere Hälfte löffelte begierig an einem anderen Stück. Im Trubel der Geburtstagsparty für den Wüstenfuchs-Sohn aus erster Beziehung, hatte mein Mitbewohner vergessen mich zu informieren, dass sie, nennen wir sie Pechmarie, einen kleinen Umzug mit Hilfe unseres Busses und der tatkräftigen Unterstützung von Wüstenfuchs-Mann zu bewerkstelligen gedachte. Mit einiger Selbstsicherheit fragte sie ein paar Tage zuvor, wann denn unser Bus ihr zur Verfügung stände. Wie? Was? Ja, wann man gedenke sie von Interlaken abzuholen und den Transport einer Bar zu bewerkstelligen? Hä? Mit einiger Mühe konnten wir erklären, dass es keinenfalls so sei, dass wir immer und jederzeit unsere Dienste und die unseres Busses gratis zur Verfügen stellen würden. Fahrdienste eingeschlossen. Aber ja, wenn wir den Weg vom Dorf nach Interlaken sowieso fahren würden, dann könne man auch eine Bar aufs Dach laden.
Im Durcheinander der Kindergeburtstagsparty erkannte Wüstenfuchs-Mann einen günstigen Zeitpunkt für ein solches Unternehmen. Und dann sass sie eben da, während wir noch knietief in Geschenkpapier wateten, und redete belangloses Zeug, versuchte mich in Mami-Talks zu verstricken und ich erstickte fast an unterdrücktem Aerger. Zwei Optionen sah ich vor meinem geistigen Auge. Nummer eins: ihr zu erklären, dass sie ihren Schmarotzer-Hintern aus meiner Küche hinwegbewegen sollte und dass wir keinenfalls so gute Freunde seien, dass wir sie aus Notlagen zu retten uns beflissen fühlten (unter die ein Bar-Transport ja wirklich fällt). Oder Nummer zwo: gute Miene zum bösen Spiel machen, einen Tee servieren, dem Sohnemann zu zu lächeln und ihr dabei nicht in die Augen zu sehen. Denn eine gute Lügnerin bin ich nicht.
Klar habe ich mich für Version Nummer zwei entschieden. Gut für den momentanen Frieden, aber schlecht für die längerfristige Seelenruhe. Denn sie wird es wieder tun, da sie nicht gemerkt hat, dass ihr Schmarotzertum auf Unwillen stösst. Wer schreit bekommt.

18
Mrz
2009

Bitterfotze II

Seit ich die Buchbesprechung gelesen habe, geht mir das Wort "Bitterfotze" nicht mehr aus dem Kopf. Es ist ziemlich krass, aber es trifft die Tatsachen genau. "Bitter" dadurch dass man sich zu viel zurücknehmen muss und nur ein Kinderleben führt. Die Süsse des Lebens geht verloren, wenn man nur noch dient. Und "Fotze" als die abfällige Bezeichnung für eine Frau. Rein auf ihr Geschlecht reduziert, zum gebrauchen. So fühlt man sich dann auch, wenn man wieder mal am rumbrüllen ist, weil einem alles zu viel wird: verächtlich angesehen, als dumme, hysterische Hausfrau, der die letzte Selbstachtung abhanden gekommen ist und die in aller Oeffentlichkeit ihre Hilflosigkeit zur allgemeinen Belustigung zur Schau stellt.
Bitterfotzig ist man, wenn man die Fragen seines Kindes zynisch kommentiert. Man ist es, wenn man kein Mitleid mehr mit dem kranken Ehemann empfindet, sondern nur noch denkt:"Der auch noch!". Die Bitterkeit hat einen erfasst, wenn man den Hund zusammenschreit, nur weil er spielen will. Und du merkst es, wenn dir völlig egal ist, ob die Sonne scheint oder nicht, du drinnen bist oder draussen, wenn dich keine Einladung von Freunden mehr interessiert und du das Gefühl hast deinen Körper nur noch durch pure Willenskraft am Versagen hinderst.
Wir Mütter in der Schweiz sind schon saudumm: jede hockt in ihrem Gärtchen/Häuschen/Zimmerchen und leidet alleine. Es ist tabu über die obengenannten Gefühle zu reden, da die anderen ja alle so perfekt sind. Aber vor wem sollten wir uns weniger schämen als vor anderen Müttern, die das genau gleiche erleben?
Schuld sind nicht wir. Unsere einzige Schuld ist, nicht zu erkennen, dass der Fehler nicht in unseren Köpfen liegt, sondern in einer Gesellschaft, die Kinderfeindlich ist und damit auch Mütterfeindlich.
Das ist zu krass? Nein, es ist zu wenig deutlich! Wenn dein Kind im Supermarkt schreit, erntest du böse und genervte Blicke, anstatt der völlig logischen Frage:"Was hat dein Kind? Kann ich dir helfen?"
Brauchst du 2/3 vom Gehsteig, weil du einen Kinderwagen und zwei Kinder bei dir hast, kommt ein alter Mann daher und stösst die Kinder auf die Seite, als wäre es sein Recht immer und zu jeder Zeit freie Passage zu haben. Dass er seine Dummheit nicht bemerkt ist klar, aber das auch sonst niemand von den Umstehenden sagt:"Hey, was erlauben Sie sich! Das geht nicht!" Fehlanzeige.
Du willst ins Restaurant mit deinem Herzallerliebsten und nimmst aus reinem Optimusmus deine Brut mit, dann wirst du mehr mit "in-Schach-und ruhig-halten" zu tun haben, als dein Essen zu geniessen.
Und das sind nur die kleinen Sachen. Mal ehrlich: wer möchte schon 7 Tage in der Woche à 10-12 Stunden Kinder betreuen? Und das gegen Kost und Logis? Ohne Anerkennung (Ah, du bist nur Hausfrau), ohne Rentenanspruch? Mit dem stark erhöhten Armutsrisiko, wenn die Trennung droht?
Ein Rezept habe ich keines, sonst würde ich es leben. Aber eines ist mir klar: Es sind verstaubte Annahmen, alte Ideen und Wertestrukturen in unseren Köpfen, die wir mangels Distanz gar nicht als solche erkennen, die uns an einer Veränderung hindern. Es ist immer noch so, dass Frauen auf ihren Beruf verzichten und sich der Kindererziehung widmen. Es ist nicht normal, dass beide den gleichen Anteil tragen. Es ist immer noch schwierig für Männer einen echten Teilzeitjob zu bekommen, speziell in den höheren Kadern (wo sie es sich leisten könnten). Vaterschaftsurlaub existiert so gut wie gar nicht. Es ist immer noch nicht allgemein übelich, dass grössere Unternehmen ihren ArbeitnehmerInnen Kinderkrippen und -gärten anbieten.
Die Schweizer Haltung zum Thema Kinder könnte man so zusammenfassen: Du hast Kinder? Selber Schuld!
Wüstenfuchs

Berner Platte und Chuchichäschtli

Die Schweiz, ihre Klischees, ihre Kultur und Politik durch die Augen einer Deutschen gesehen.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Oh, die sind aber schön!
Sehr plastisch!
diefrogg - 6. Apr, 13:09
Rückkehr nach langer...
Hallo, meine treuen Leser! Da bin ich wieder nach langer...
Wüstenfuchs - 10. Mär, 17:24
Was heisst Alphorn auf...
...diese Frage habe ich mir anlässlich des Jodlerfests...
Wüstenfuchs - 19. Jun, 20:01
Das wird schon! Toi,...
Das wird schon! Toi, toi, toi!
Larne - 18. Jun, 18:05
Wahnsinn!
Ihr habt bekommt also auch ein neues solches Teil!...
diefrogg - 18. Jun, 13:42

Mein Lesestoff


Siri Hustvedt
Der Sommer ohne Männer

RSS Box

Verzeichnisse

Blogverzeichnis - Blog Verzeichnis bloggerei.de Blogs Technorati Profile Add to Technorati Favorites

kostenloser Counter

Web Counter-Modul

Free Text (4)

Gesehene Filme

Suche

 

Status

Online seit 5660 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 6. Apr, 13:09

Credits