Schweizer Eigenarten

29
Mrz
2011

"Tausche Hund gegen Ferien"

Das ist das Motto nicht etwa eines angepissten Hundehalters, sondern von www.dogchange.ch. Eine ostschweizer Hundehalterin, Karin Koch mit Namen, hat sich die Mühe gemacht und in mühseliger Kleinarbeit eine tolle homepage zusammengestellt.
Initialgedanke der ganzen Sache war, dass es für Hundehalter schwer ist ihren Hund in ein Tierheim zu geben und seelenruhig auf die Malediven zu fliegen und sich zu vergnügen, während Fido daheim in einem Zwinger darbt. (Klar, geht es Fido da schon um Klassen besser als einem Hund, der sein Leben an einer Kette in irgendeinem Gottverlassenen Hinterhof verbringen muss.)
Da es aber, trotz der vielen Hunde in der Schweiz, sehr schwierig ist jemanden zu finden, der den eigenen Hund betreuen würde, ist sie auf die Idee gekommen, eine Plattform zu schaffen, auf der sich Hundebesitzer mit anderen kurzschliessen können, um eine Art "Tandem" zu kreieren. Jeder hütet den Hund des anderen für eine bestimmte Zeit. Vorher lernen Hund und Meister sich gegenseitig kennen und bei stimmiger Chemie, kann Herrchen oder Frauchen beruhigt in die Ferien fahren.
Eigentlich ist die Situation ein wenig absurd. Z.B. in unserem Dorf gibt es an die 60 Hunde, da sollte man doch meinen, dass man einen findet, mit dem man das Gleiche machen könnte ohne auf eine Internetplattform angewiesen zu sein. Aber da kommt den Schweizern ihre kulturell bedingte Zurückhaltung in die Quere. Einen fremden Hundebesitzer einfach anzuquatschen und mit dieser Idee zu belästigen ist schon so ungehörig, dass das keiner macht. Welch kompliziertes Volk!
Aber Frau Koch scheint da anders zu sein. Ich habe ihr über ihre Kontaktadresse eine Anfrage geschickt, ob es denn auch Mitglieder im Berner Oberland gäbe und schon eine halbe Stunde später hatte ich die sehr sympathische Frau an der Strippe.
Sie erklärte mir, dass sie zu allen von den ca. 100 Beteiligten den persönlichen Kontakt pflege, da es ihr sehr wichtig sei so für die Qualität ihrer Vermittlung zu sorgen. Aber natürlich verlässt sie sich dabei nicht nur auf ihre Sympathie, sondern auf ein ausgeklügeltes System, das sie den "DogSelector" nennt. Dafür benötigt sie von jedem Hund, der vermittelt werden soll genaue Angaben über Rasse bzw. Rassemischung, Alter, Geschlecht, kastriert oder nicht, Verträglichkeit mit Katzen, Wohnsituation, etc. Mit diesem Profil werden dann alle anderen verglichen und auf die Kompabilität überprüft. Am Ende präsentiert sie dem Mitglied eine Liste mit den drei besten Partnern, aus der dann das Mitglied auswählen kann.
Mir gefällt diese Idee gut, denn auch wir konnten uns nicht vorstellen unseren Hund in irgendeine Tierpension zu geben und einen passenden anderen Hundehalter kennen auch wir nicht.
Leider gibts im Moment nicht so viele Beteiligte in der Region, aber Frau Koch versprach die Augen für uns offen zu halten uns sich zu melden, wenn sie eine Anfrage bekäme. Wäre cool, wenn wir dieses Jahr zum Tauchen gehen könnten und Felix auch spannende Ferien hätte!

17
Okt
2010

Die Freundlichkeit der Schweizer

Zusammen reisen. Klingt gut, ist schwer. Jeder, der schon mal mit der besten Freundin oder einem Freund eine Reise unternommen hat, ist froh, wenn der Freundschaftsstatus nach der Reise immer noch der gleiche ist. Auch für eine Beziehung scheint mir eine Reise (mit möglichst wenig Komfort) der beste Test für die Haltbarkeit derselben.
Selbst wenn sich das Reisen auf nur eine Woche beschränkt, wie in unserem Fall mit der 5köpfigen Familien auf Sardinien war, so stellt es schon eine Herausforderung an die sozialen Fähigkeiten. Obwohl es Sympathie auf den ersten Blick von allen Seiten war, gestaltete es sich schwierig ein klares Feedback darüber zu bekommen, ob sie unsere Anwesenheit als störend empfanden oder nicht. Nach zwei Tagen hatte ich so das Gefühl, vor allem von Seiten der Mutter, dass wir zu viel waren. Aber auf eine klare Nachfrage, kamen nur höfliche Worte, wir sollten sagen, wenns uns zu viel sei. Für mich ist das eine sehr schweizerische Eigenschaft: die überaus grosse Höflichkeit, die zuweilen in Heuchelei umschlägt.
So blieben wir, obwohl ich oft das Gefühl hatte die "Familienferien" der anderen zu beeinträchtigen. Die Kinder waren glücklich zu viert herumziehen zu können, warum nur wird die Familie in der Schweiz oft also undurchdringliches Bollwerk verstanden? Es erscheint mir so verflixt schwierig offene Familien zu finden, die ihre Ressourcen mit denen von anderen ergänzen wollen.
Als man sich in Sardinien dann nach einer Woche verabschiedete, schien mir unser Sympathistatus im sinken begriffen. Aber was hätte ich machen sollen?

1
Aug
2010

Erster August

Auch in Interlaken begeht man den Nationalfeiertag mit Pomp und Stolz. Dieses Jahr in einer besonderen Variante: 28 Gleitschirme starteten vom Amisbühl-Startplatz bestückt mit Passagier und einer Kantonsfahne. Zwei von den Piloten transportierten als Passagier einen Trompeter der Musikgesellschaft Interlaken, die dem Anlass entsprechend mit viel Gefühl und kräftigen Lungen die Schweizer Hymne bliesen.
Schweizerfahne an Gleitschirm
Gleitschirme am 1 August
Schweizer Nationalfeiertag

2
Mrz
2010

Wie Schweizer Kinder spielen

"Nimm das, du Schweinehund!" sagte der Superheld zum Bösewicht und stiess mit der Klopapierrolle nach dem Teddybären.
Wenn Füchschen mit seinen Freunden spielt, dann sieht die Dialogregie vor, dass die Texte in Hochdeutsch gesprochen werden. Was auch verständlich ist. Denn "Nimm daas, du Souhung!" auf Berndeutsch klingt dann doch etwas posierlich.
Wenn man aufmerksam zu hört, dann offenbart sich einem, dass nicht nur Füchschen, bei dem man Hochdeutsche Einschläge noch verstehen würde, so spielt, sondern fast alle Kinder. Das lustige daran ist aber, dass die "Regieanweisungen" (du wärst dann...., wir hätten dann.... und wir könnten dann....) immer auf Mundart bleiben und nur die "Texte" auf Hochdeutsch gesprochen werden.
Woher das kommt? Da kann ich nur "wer-weissen": liegts am Fernsehen, DVD, Buch und co? Zwar gibts viel von den Medien auch in Mundart, aber die meisten Serien werden auf den Hochdeutsch sprechenden Sendern geschaut. Und sicher erscheinen die Helden ihrer Spiele authentischer, wenn sie, wie die Vorbilder, die Hochsprache benutzen.
Bei Füchschen sind das übrigens die einzigen Momente, in denen er Hochdeutsch spricht. Normalerweise ignoriert er seine "Muttersprache" komplett....aber mich störts nicht, denn schliesslich wächst er hier auf und ist Schweizer. Im Geheimen bleibt mir die Hoffnung, dass, wenn er mich reden hört, ihm das dann beim Lernen von Schreiben und Lesen helfen wird. Aber das bleibt abzuwarten.

Und so siehts aus, wenn Füchschen meint seine Taschenmesserklinge "abwischen" zu müssen:
Fuechschen schnitzt

14
Dez
2009

Strassenschilder

Bei einem Besuch in Solothurn ist mir mal wieder eine Schweizerische Eigenheit aufgefallen, die ich erkennen kann trotz meines mittlerweile sehr Schweizerisch gefärbten Blicks, da sie mich immer noch verwirrt.
Sucht man in einer Deutschen Stadt eine Strasse und in dieser Strasse eine Nummer, dann wird einem das wahrscheinlich gelingen. In der Schweiz ist das zweifelhaft. Wenn sich in Deutschland zwei Strassen treffen, dann hängen sie an jede ihrer Ecken ein Schildchen mit ihrem Namen und über jedes Türchen eine Nummer (wie beim Weihnachtskalender) und oft steht sogar unter der Hausnummer noch mal in kleineren Buchstaben der Strassenname. In der Schweiz treffen sich Strassen, grüssen höflich und "strassen" weiter, oder so ähnlich. Jedenfalls sucht der Ortsunkundige oft vergeblich nach Strassenschildern. Seis an Ecken, Graden oder Winkeln. Auch die Hausnummern halten sich schamhaft bedeckt und bleiben anonym, wenn man mal eine findet. Sie offenbaren sich als "6" oder "27", aber welche Strasse?
Jetzt denke ich ernsthaft über die Anschaffung eines Navis nach, da ich zu den wenigen Menschen gehöre, die noch keines besitzen. Da könnte ich mich dann mit dem Navi-Fräulein streiten, ob wir tatsächlich in der richtigen Strasse sind.....

18
Okt
2009

In einer anderen Galaxis

Die letzte Woche wurde ich mit doppeltem Besuch aus Deutschland beehrt: meine Cousine und meine Nichte kamen und staunten und bekamen so manches Schweiz-Klischee bestätigt.
Für mich war es die Erfahrung schon mehr Schweizerin zu sein, als mir bewusst ist. Viele Dinge, bei denen die beiden zu Kommentaren hingerissen wurden oder die ihnen als klischeehaft erschienen, kamen mir weder sonderbar noch als typisch schweizerisch vor, sondern einfach nur "normal".
Hier die hübsche Liste mit den Schweiz-Highlights meiner Verwandtschaft:
Kühe mit Glocken erregten Heiterkeit (ich hatte vergessen, dass Kühe in Deutschland offenbar keine Glocken tragen)
frisch gefallener Schnee auf den umliegenden Bergen bekamen Ah's und Oh's
die "i"s an vielen Bezeichnungen (Beizli, Badi....) ernteten Gekicher
Füchschens Versuche Hochdeutsch zu reden verlangte nach Uebersetzung
Ein Marsch zum Steingletscher viel unter den Begriff "Bergtour"
Der Nummernschilderwechsel (Wechselnummern bei zwei Autos) wurden mit der ängstlichen Frage "darf man das denn?" quittiert
Das Tanken mit der Kreditkarte an der unbesetzten Tankstelle erstaunte (echt! da war selbst ich erstaunt, dass das in Deutschland scheinbar nicht Usus ist)
Das Schoggi-Reagal im Discounter war ein Foto wert
Schoggiregal im Discounter
Das Käseregal stiftete Verwirrung
und das jeweils erste Käsefondue liess die Mägen durchhängen

So wurden die paar Tage selbst für mich zu einer Reise in eine unbekannte Welt.

21
Sep
2009

Der Fuchs verlässt den Bau

Der Fuchs will verreisen. Und zwar nach Sardinien. Samt Kind und Kegel und Hund und Mann. Zu diesem Zwecke wird der Schulbus der Gleitschirmschule aller Sitze entledigt, eine Liegefläche und ein wenig Campingzubehör eingebaut. Recht spartanisch, da für zwei Wochen Ferien im Jahr alles andere etwas übertrieben wäre und ausserdem gefällt es uns gerade so.
Die Liegefläche ist während der anderen 49 Wochen in einem Lager deponiert, dass sich im ehemaligen Heustock eines Reitstalls befindet (das Heulager ist ehemalig, der Reitstall immer noch aktuell, aber darauf kommen wir zurück). Jener Reitstall also liegt in der schönen Gemeinde Matten bei Interlaken.
Am gestrigen Sonntag also fuhren wir mit dem innwendig nackten Bus zum Lager um die Liegefläche zu holen und eine alte Truhe dort zu deponieren. Der Weg zum Innenhof des Reitstalls ist sehr eng, darum fuhr Wüstenfuchsens Mann ganz langs am rückwärts unter die Oeffnung des Heulagers. Vor dem Stall sassen die Reitlehrerin und ihr Mann und noch eine zweite Frau. Natürlich grüssten wir höflich, woraufhin der Mann uns beschied, dass es am Sonntag untersagt sei das Strässchen hinunter zu fahren. Des Lärmes wegen....Ihnen sei es auch nicht erlaubt mit den Pferden das Weglein hinaus zu laufen, ergo drüften wir das mit einem Wagen schon gar nicht. Mein allerliebster Mann versuchte uns mit einem Scherzlein und einem dummen Gesicht aus der Affaire zu ziehen und da wir ja schon mal im Hof standen...... Ich hingegen spürte ob dieser Verbohrtheit schon wieder meine Galle aufkochen. Um nicht ausfallend zu werden, zog ich mich in den Wagen zurück und grummelte in meinen nur spärlich vorhandenen Bart:"Mann könnte ja meinen, im Oberland sei das Judentum ausgebrochen und Sabbat auf den Sonntag verlegt worden....!"
Der liebste aller Männer holte die Leiter und wir luden die Truhe, die sich noch im Wagen befand aus. Unsere bewährte Methode für unser ungünstiges Lager geht folgendermassen: Die Leiter sehr schräg anstellen, die Truhe seitwärts drauflegen und langsam nach obenschieben und hoffen, dass die Truhe nicht Slapstickmässig zur Seite wegkippt. Beobachtet wurden wir bei diesem Manöver von der Reitlehrerin, ihrem Mann und der zweiten Frau. Sehr aufmerksam sogar, aber geholfen hätten sie nicht. Es war ja Sonntag und das Einfahren auf den Reiterhof wäre nicht erlaubt gewesen. Klar! Völlig klar!
Die Truhe jedenfalls kam mit ein wenig dramatischem Schwanken oben an und kippte auch nur dahin, wo wir sie haben wollten. Dann überliessen wir die drei ihrer sonntäglichen Ruhe und sonnen in derselben darüber nach, wie sehr doch Reisen bildet. Da ist man noch nicht mal weg und schon wird man mit Kulturbedingten Schwierigkeiten konfrontiert.
Was erwartet uns wohl noch alles in Sardinien?
Am 07.10.2009 werde ich es euch erzählen. Bis dahin: schöne Zeit allerseits und gutes bloggen!

21
Aug
2009

Gelbe Zebras gibts nicht

Heute musste ich mir von meinem Söhnchen erklären lassen, dass man "Fussgängerstreifen" und nicht "Zebrastreifen" sagt. Und damit trifft er, ohne es zu wissen, einen dieser vielen kleinen Unterschiede zwischen der Scheiz und Deutschland. In Deutschland sind die Zebrastreifen weisse Streifen auf schwarzem Teer. Also: ein Zebra. In der Schweiz sind die Fussgängerstreifen gelbe Streifen auf schwarzem Teer. Also: kein Zebra, denn gelbe Zebras gibts nicht!

20
Mai
2009

BEA 09

Wie jedes Jahr findet auch dieses Jahr die BEA statt. Viel Rummel, viel Interessantes, viel Verrücktes und ein wenig Spinnerei....

Luftballon-Mann

Riesenrad

11
Mai
2009

Anschreiben

Gestern erzählt Wüstenfuchs-Schwesterchen eine erstaunliche Geschichte. In Deutschland (zumindest dort, wo sie lebt) sei es noch immer üblich bei akuter Ebbe in der Kasse beim Lebensmittelhändler anschreiben zu lassen. Sprich: der Laden gibt dir Kredit bis du wieder flüssig bist und deine Rechnung begleichen kannst. Dieses System kenne ich nur aus alten Filmen und Büchern und existiert in der Schweiz überhaupt nicht mehr. Es wäre undenkbar, sich hier an die Kasse zu stellen und zu sagen:"Kann ich bei Ihnen anschreiben lassen?". Würde keiner verstehen und auch keiner machen. Jetzt wurde dieses System durch moderne Technik bereichert: in manchen Läden gibt es Fingerprint-Leser. Finger reinstecken, dein Fingerabdruck wird ausgelesen und deine Schuld wird zu deiner Adressdatei abgelegt. Coole Technik, aber Scheiss-System. Auf den ersten Blick mag das ja sehr nett erscheinen, wenn man dir Ware gibt, damit du nicht verhungerst und dein Geld erst später nimmt. Aber ich bin sicher, dass das die private Verschuldung enorm anheizt. Dieses System macht Sinn, wenn man es mit Menschen zu tun hat, die Saisonweise ihr Geld bekommen, das heisst mal mehr, mal weniger haben. Aber wahrscheinlich wird am meisten angeschrieben von denen, die immer wenig bekommen. Und dann beginnt der Teufelskreis. Für mich zeigt dieses Beispiel (so wie dieses hier), dass der Lebensstandard in der Schweiz tatsächlich einen Tick höher ist als in Deutschland und es in Deutschland anscheinend mehr wirklich arme Menschen gibt.

Mein Bild des gestrigen Tages:
Landung auf der Hoehenmatte
Wüstenfuchs-Mann bei der Arbeit. Landeanflug auf die Höhenmatte in Interlaken.
Wüstenfuchs

Berner Platte und Chuchichäschtli

Die Schweiz, ihre Klischees, ihre Kultur und Politik durch die Augen einer Deutschen gesehen.

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