Schwiizerdütsch

22
Feb
2011

Schwiizerdütsch für Fortgeschritttene

Berner Mundart ist eine interessante Spielart des Deutschen. Für Nicht-Muttersprachler allerdings beinhaltet diese Sprache Fallstricke, die man nicht erwarten würde. Da es keine "offizielle" Rechtschreibung der Sprache gibt, schreibt jeder phonetisch so wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Des öfteren führt das dazu, dass einer aus Bern und einer aus Interlaken darüber streiten ob man jetzt "Hallo zamä" oder "Hallo zame" schreibt. So minimal wie die Unterschiede sind, wird ebenso stur um das Recht gestritten. Vollends lustig wird es, wenn der Konjuktiv gefragt ist. Ueber die Bildung dieser Form herrscht regelrechte Finsternis.
Nehmen wir zum Beispiel "wie sähe es aus, wenn...".
Gehört habe ich für diese Verbform schon "wie gsucht'is us" und "wie gsehcht'is us?" oder "wie gsiecht'is us" (wobei "ie" immer getrennt gesprochen wird). Niemand kann behaupten eine Version sei falsch. Es gibt nur für "gsehcht'is" das Argument es sei am nächsten an der Hochdeutschen Version. Aber wann war das schon ein Argument für Schwiizerdütsch?
Unter diesen Umständen ist selbst für einen Hochdeutsch-Muttersprachler das Erlernen dieser Sprache schwer (oder doch einfach, weil er machen kann, was er will?!)

28
Jan
2011

Sprachliches Fundstück

Wer kennt diesen orginellen Basler Ausdruck:
"Kelörettli"?

Kleiner Tipp: er gehört in die Reihe von Ausdrücken wie
"go Kommissione go mache" = faire les commissions = einkaufen gehen
oder
"düsele" = doucement = sich vorsichtig bewegen/schleichen.

28
Dez
2009

Sprachliche Hürden

"Wenn das Wasser auf dem Burgseeli gefriert, dann können wir dort go schlöfle," erkläre ich Füchschen in meinem Mischmasch-Deutsch. Der schaut mich mit seinem Fragezeichengesicht an und fragt verwundert:" Warum sollten wir auf dem Eis schlafen? Ist das nicht kalt????"
Ich lache aus vollem Hals, denn diese Verwirrung ist mir auch nicht fremd:
schlöfle kommt von Schlöf, was Schlittschuhe bedeutet,
schlöfele ist eine Verniedlichung (das gibts nur in der Mundart) des Verbs schlafen wie man es gegenüber kleinen Kindern gebraucht.

2
Sep
2009

Sprach-Wirrwarr

Heute ist mir ein passender Vergleich eingefallen zu der Schwierigkeit mit der ich mich immer konfrontiert sehe, wenn von mir "verlangt" wird doch gefälligst Schwiizerdütsch zu sprechen, da ich ja schon 20 Jahre da sei.
Meine Antwort wird künftig sein, dem Schweizer (nehmen wir mal an es sei ein Berner), der dies fordert, vorzuschlagen ab sofort nur noch Walliser-Dütsch zu reden oder Platt oder Bayrisch. Da ergibt sich nämlich die gleiche Schwierigkeit wie für mich: nach ein wenig Uebung versteht man alles, was der andere sagt. Der versteht einen sowieso und so steht der Verständigung nichts mehr im Wege. Jetzt aber eine Deutsche Variante zu sprechen und während eines Gespräches immer dabei zu bleiben, ist äusserst schwierig. Ich bin sicher, dass ich eher gut Chinesisch lernen würde (einen Gruss nach Shanghai) als auch nur annähernd perfekt Schwiizerdütsch.
Aus der Sicht der Verständigung ist das ja auch nicht nötig, da diese ja klappt. Und so enttarnt sich die Forderung nach sprachlicher Anpassung als das was sie ist: die Schwierigkeit des Fordernden Anders/Fremd-sein zu akzeptieren.
In meinem Fall ist das Ergebnis ein Mischmasch aus Hochdeutsch und Schwiizerdütsch. Grässlich! Da bin ich die Erste, die diesem Urteil zustimmt. Aber meine Sprache ist das Bild meiner bisherigen Lebensgeschichte: 20 Jahre Prägung in deutsch-sprechendem Umfeld und 20 Jahre Schweizer Einflüsse. Das bin halt ich.

31
Mai
2009

Halbe Anpassung

Mein Sprachverständnis des "Schwiizerdütschen" oder sagen wir besser des Berndütschen ist 99%. Das verbleibende 1% ist Missverständnis-Rest, den es auch zwischen einem Bayern und einem Berlinern, einem Franken und einem Schwaben gibt. Oder eben zwischen einem Zürcher und einem Berner oder einem Basler und einem Waliser. ABER mein gesprochenes Berndütsch ist nur annähernd 50% oder anders gesagt: ich rede Mischmasch. Da ich über die Jahre gelernt habe das "ä" dann doch noch richtig auszusprechen, das "r" einerseits auszusprechen (was ja im Hochdeutschen nicht der Fall ist) und ausserdem zu rollen, das "ch" ganz hinten im Hals krachen zu lassen und "ue" und "ie" getrennt zu sprechen, klingt das Ganze wohl Mundartig genug, dass die meisten Schweizer mit mir Mundart sprechen ohne nachzufragen, ob ich sie verstehe. Aber eben nur die Meisten. Ganz selten mal treffe ich auf Schweizer, denen mein Mischmasch nicht genügend "Schweizerita" vermittelt und sie ständig Deutsch mit mir radebrechen. Na, das ist jetzt ein bischen zu böse..... Aber es ist halt schon so, dass Schweizerisches Hochdeutsch in den meisten Fällen anstrengend klingt. Mir wäre es lieber, sprächen diese sehr höflichen Menschen ihre Mundart mit mir, aber nach beinahe 7300 Tagen CH mag ich nicht mehr daruf hinweisen, dass ich Mundart verstehe. Und so lasse ich sie reden.
Ueberhaupt ist das mit die sprachliche Anpassung des Hochdeutschen ans Schweizerdeutsche wirklich ein Kunststück. Oder noch besser: ein Hochseilakt. Zwar wäre es schon erwünscht, spräche man Mundart, aber bitte vollumfänglich und richtig. Das aber ist schwer. Der Hochdeutsche Zungenschlag ist so anders als der eidgenössische und um ihn einzuüben brauchts viel Uebung. Jetzt kanns einem passieren, dass man, im Eifer der Anpassung, die ersten Floskeln in den deutschen Satz einstreut. "Mau (doch/wohl), das denke ich auch!", "Isch guet, ich kann das für dich machen", "Das ist dort in der Bäckerei gsi (gewesen)". Man soll aber nicht meinen, dass das auf Begeisterung der Muttersprachler stösst. Meistens wird man dezent darauf hingewiesen, dass es vielleicht besser sei beim eigenen Idiom zu bleiben. Und unter Schweizern heisst: das klingt grässlich!(bzw. das tönt gruusig!).
Am Anfang hat mich das sehr verunsichert und ich habe meine ersten Berndütschen Satzkonstruktionen unter der Dusche geübt, damit niemand sie hören, ich sie aber dennoch laut ausprechen konnte. Und jetzt rede ich halt "Mischmasch". Wenn ich mit Leuten telefoniere, dann versuche ich betont Berndütsch zu klingen, damit sie wissen, dass ich sie verstehen kann. Wenn ich aber wirklich was erzählen will, dann rede ich verstärkt eine Art Hochdeutsch, da ich dann auch schneller rede als es das Berndeutsch zu lässt. Und Emotionen kann man in der Muttersprache halt immer am besten ausdrücken.
Und so erkennt man an meiner Sprache genau wer ich bin: eine in die Schweiz eingewanderte Deutsche. Nach 20 Jahren D und bald 20 CH bin ich weder das eine noch das andere. Ich bin wahrscheinlich Schweitsche oder Deutzerin. Man weiss es nicht.

4
Mai
2009

Berndütsche Lieblingswörter

Vor kurzem bin ich auf ein paar Berndütsche Wörter gestossen, die mit besonders gut gefallen und die ich euch nicht vorenthalten möchte:

umä mefiichen = herum basteln / wursteln

umä sirachne = herum rasen

(kursiv deutet die Betonung an)


Mein heutiges Bild des Tages...

Speedflyer

...bleibt im Thema "Fliegen": Bodenhandling mit dem Speedflyer

19
Feb
2009

Berndütsch-Wörterbuch

Da habe ich eine coole Seite gefunden: Das Wörterbuch für Berndütsch! Da müsst ihr mal ein bischen reinschnuppern!

5
Feb
2009

Berndütsch zum Rufen

Berndütsch ist ja an und für sich schon eine interessante Sprache, aber bei den Nicknames wirds endgültig spannend. Da muss man sich schon gut überlegen wie man sein Kind nennen will. Da wird der schönste Name manchmal ziemlich unkenntlich, nachdem ihn ein Berner im Mund gehabt hat.
Generell kann man sagen, dass Frauennamen auf "ä" oder "e" enden (hängt eher von den persönlichen Sprechweisen ab, als von was anderem) und Männernamen auf "u" oder selten mal "i" enden.
Aber hört selber:

Andreas - Aendu
Hans - Housi / Hoisi (hinterstes Berner Oberland)
Herbert - Hebbu
Daniel - Dänu
Lukas - Lüku / Lüggu (so wirds ausgesprochen)
Adrian - Aedu
Markus - Küsu oder Kusi
Alexander - Lexu
Alfred - Fredl oder Fredu
Peter - Pesche
David - Dävu
Bernhard - Bänz oder Benu
Ernst - Aschi
Hans-Peter - Haspi oder Hämpu
Marc - Märgu
Martin - Tinu oder Dinu

Ihr seht wo's lang geht. Tragisch, finde ich, wirds erst bei den Frauennamen. Viel Anmut und holde Weiblichkeit bleibt da nicht gerade stehen:

Monika - Möne
Corinne - Corä
Claudia - Claudä oder Cloidi
Fanziska - Fränzi
Andrea - Aendle oder Drusle (aber das ist eher ungewöhnlich)
Marlis - Lisä
Patrizia - Trizlä oder Pädi
Ursula - Urslä

Tja, und in den nächsten Jahren wirds sicher lustig mit all den "neuen" Namen, die schwer in dieses System zu quetschen sind. Wie wird man wohl zu Yannick sagen? zu Liv? Samira? Keanu? Aaron? (im übrigen alles Namen, die im Dorf in der Altersklasse 4-6jährige kursieren). Ich bin gespannt!

11
Dez
2008

Sprachbarierre

Als ich 1991 mit knapp 20 in die Schweiz kam, waren meine Ohren schon ein wenig ans Schweizerdeutsche gewöhnt. Hier sei ein kleiner Einschub erlaubt: "Schweizerdeutsch" als solches gibt es nicht. Es gibt nur Berndütsch, Züritüsch, Walliser Dütsch, etc. Und diese Mundarten sind so unterschiedlich wie die Landstriche, denen sie entstammen. Für Deutsche am verständlichsten sind die Mundarten nahe der deutschen Grenze, also z.B. St. Galler, Züri oder Basel Dütsch. Alles, was mehr in den Bergen liegt singt und brummt und grummelt. Je enger die Täler um so verschrobener der Dialekt.

Mein damaliger Freund sprach mit mir Münchnerin anfangs am Telefon immer Hochdeutsch - oder das, was die Deutschen schon für "Schwiitzerdütsch" halten. Was es ja auch eigentlich ist: denn diese gebrochene Version des Hochdeutschen ist fast allen Schweizern gemein. Jedenfalls beschloss dieser Freund nach etwa 3 Monate andauernder Telefonliebe die Sprache zu wechseln und sprach von einer Minute auf die andere nur noch Berndütsch mit mir. Am Anfang war ich sauer, da ich ab sofort nur noch meinen Teil der Unterhaltung und etwa 20% von seinem Teil verstand.

Später, als ich dann in die Schweiz zog, war ich natürlich dankbar für den Sprachkurs vorab. Und nach einem halben Jahr waren die grössten Sprachbarierren auf Höhe von Bordsteinkanten geschrumpft. Allerdings gabs in dieser Zeit immer mal wieder lustige Szenen, in denen ich völlig im Dunkel der archaischen Sprache stand.

Eines Mittags stand ich vom Tisch auf um etwas fehlendes aus der Küche zu holen. Während ich dort war, fiel ein Glas auf dem Tisch im Wohnzimmer um und entleerte seinen Inhalt auf denselben. Ich hörte aus dem Wohnzimmer eine Stimme rufen:"Bringst du bitte noch den Hudu mit?" Ich stand eine Weile und fixierte alles auf seine Eigenschaft als "Hudu"... aber nichts offenbarte sich als solches.

Ich rief:"Wenn du mir sagst, was ein Hudu ist, dann nehm ichs auch gerne mit!" Lachen aus dem Wohnzimmer. Kurze Beratung und dann:"Einen Lumpen sollst du mitbringen!" Na klar: Hudu - Lumpen! Sehr eindeutige ethymologische Abstammung. Völlig klar!

"Hudu" heisst natürlich nicht Lumpen, sondern Hudel (von dem ich ehrlich gesagt nicht mal mehr weiss, ob man das auch im Hochdeutsch sagen kann. So lange bin ich jetzt schon hier....!) und im Berndeutschen wird oft das Endungs-L zu einem U. Aber dazu später.
Wüstenfuchs

Berner Platte und Chuchichäschtli

Die Schweiz, ihre Klischees, ihre Kultur und Politik durch die Augen einer Deutschen gesehen.

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