31
Mai
2009

Halbe Anpassung

Mein Sprachverständnis des "Schwiizerdütschen" oder sagen wir besser des Berndütschen ist 99%. Das verbleibende 1% ist Missverständnis-Rest, den es auch zwischen einem Bayern und einem Berlinern, einem Franken und einem Schwaben gibt. Oder eben zwischen einem Zürcher und einem Berner oder einem Basler und einem Waliser. ABER mein gesprochenes Berndütsch ist nur annähernd 50% oder anders gesagt: ich rede Mischmasch. Da ich über die Jahre gelernt habe das "ä" dann doch noch richtig auszusprechen, das "r" einerseits auszusprechen (was ja im Hochdeutschen nicht der Fall ist) und ausserdem zu rollen, das "ch" ganz hinten im Hals krachen zu lassen und "ue" und "ie" getrennt zu sprechen, klingt das Ganze wohl Mundartig genug, dass die meisten Schweizer mit mir Mundart sprechen ohne nachzufragen, ob ich sie verstehe. Aber eben nur die Meisten. Ganz selten mal treffe ich auf Schweizer, denen mein Mischmasch nicht genügend "Schweizerita" vermittelt und sie ständig Deutsch mit mir radebrechen. Na, das ist jetzt ein bischen zu böse..... Aber es ist halt schon so, dass Schweizerisches Hochdeutsch in den meisten Fällen anstrengend klingt. Mir wäre es lieber, sprächen diese sehr höflichen Menschen ihre Mundart mit mir, aber nach beinahe 7300 Tagen CH mag ich nicht mehr daruf hinweisen, dass ich Mundart verstehe. Und so lasse ich sie reden.
Ueberhaupt ist das mit die sprachliche Anpassung des Hochdeutschen ans Schweizerdeutsche wirklich ein Kunststück. Oder noch besser: ein Hochseilakt. Zwar wäre es schon erwünscht, spräche man Mundart, aber bitte vollumfänglich und richtig. Das aber ist schwer. Der Hochdeutsche Zungenschlag ist so anders als der eidgenössische und um ihn einzuüben brauchts viel Uebung. Jetzt kanns einem passieren, dass man, im Eifer der Anpassung, die ersten Floskeln in den deutschen Satz einstreut. "Mau (doch/wohl), das denke ich auch!", "Isch guet, ich kann das für dich machen", "Das ist dort in der Bäckerei gsi (gewesen)". Man soll aber nicht meinen, dass das auf Begeisterung der Muttersprachler stösst. Meistens wird man dezent darauf hingewiesen, dass es vielleicht besser sei beim eigenen Idiom zu bleiben. Und unter Schweizern heisst: das klingt grässlich!(bzw. das tönt gruusig!).
Am Anfang hat mich das sehr verunsichert und ich habe meine ersten Berndütschen Satzkonstruktionen unter der Dusche geübt, damit niemand sie hören, ich sie aber dennoch laut ausprechen konnte. Und jetzt rede ich halt "Mischmasch". Wenn ich mit Leuten telefoniere, dann versuche ich betont Berndütsch zu klingen, damit sie wissen, dass ich sie verstehen kann. Wenn ich aber wirklich was erzählen will, dann rede ich verstärkt eine Art Hochdeutsch, da ich dann auch schneller rede als es das Berndeutsch zu lässt. Und Emotionen kann man in der Muttersprache halt immer am besten ausdrücken.
Und so erkennt man an meiner Sprache genau wer ich bin: eine in die Schweiz eingewanderte Deutsche. Nach 20 Jahren D und bald 20 CH bin ich weder das eine noch das andere. Ich bin wahrscheinlich Schweitsche oder Deutzerin. Man weiss es nicht.
Wüstenfuchs

Berner Platte und Chuchichäschtli

Die Schweiz, ihre Klischees, ihre Kultur und Politik durch die Augen einer Deutschen gesehen.

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